Mindeststandards „grünes Museum“

Einige Anmerkungen und Anregungen

Museen und ihre Umwelteinflüsse

Während der Umgang des Menschen mit dem Planeten Erde schon lange ein Thema ist, das Museen inhaltlich beschäftigt, dringt erst in der jüngsten Zeit in Deutschland ins breitere Bewusstsein, dass Museen selbst erhebliche Umwelteinflüsse haben. Angefangen beim immensen Energiebedarf von Klimatisierungsanlagen über die Mobilität von Publikum, Exponaten und Mitarbeitenden bis hin zu Fragen des Ressourcen- und Flächenverbrauchs reicht die Bandbreite. Aktuell steht wegen der Klimakrise vor allem das Thema Treibhausgase im Fokus der Aufmerksamkeit. Während etwa in Großbritannien schon seit 2012 eine CO2-Bilanz verpflichtend für Förderungen aus dem National Arts Fund ist, ergreifen in Deutschland erst in jüngster Zeit vereinzelt Museen erste Maßnahmen, um sich zum „grünen Museum“ zu wandeln. So entsteht der Bedarf der Definition, was genau unter einem „grünen Museum“ zu verstehen ist: Wann darf sich ein Museum „grünes Museum“ nennen?

Ziele

Ziel der Museumsbranche sollte sein, Mindeststandards für ein „grünes Museum“ zu erarbeiten. Die Befolgung dieser Mindeststandards sollte zukünftig durch ein Sigel zertifiziert werden. Vorbild können die Mindeststandards zum grünen Drehen der Film- und TV-Branche sein.

Die Einführung eines Sigels hat vier Ziele:

  • Qualitätskriterien festlegen, an denen sich Museen verbindlich orientieren können.
  • Kampfansage ans „green washing“
  • Kommunikation (Öffentlichkeit herstellen, Bewusstsein schaffen)
  • „Call to action“: Begehrlichkeit bei Museen wecken, Prinzipien ökologischer Nachhaltigkeit zu implementieren.

Vorreiter: „Green Motion“ in der Filmbranche

Als erste Kulturbranche hat die Filmbranche in den vergangenen Jahren Mindeststandards für grüne Film- und TV-Produktion entwickelt. Initiator ist der Arbeitskreis „green shooting“, in dem sich zahlreiche große Player der Branche zusammengeschlossen haben. Dem Arbeitskreis, der von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg gegründet wurde, gehören neben der MFG große Produktionsunternehmen (etwa Bavaria Fiction, Constantin, UFA), die Sender ARD, Mediengruppe RTL, ProSiebenSat.1, Sky, SWR und ZDF sowie der Streamingdienst Netflix an. Seit Herbst 2021 vergibt der Arbeitskreis das Sigel „green motion“. Voraussetzung ist die Einhaltung bestimmter Standards und die Umsetzung einer Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung des ökologischen footprints durch die entsprechende Produktion (www.oekologische-mindeststandards-greenmotion.de).

Kostenlose Verleihung des Sigels

Das Sigel sollte kostenlos sein. Die beantragenden Institutionen legen einem Arbeitskreis o.ä. ihre Zertifizierungsunterlagen vor. Ggf. entstehende Kosten könnten durch Fundraising-Maßnahmen gedeckt werden.

Eckpunkte für Kriterien

Die nachfolgende Auflistung soll eine erste, nicht abschließende Zusammenstellung von Themenblöcken sein, die bei der Definition von Mindeststandards für „grüne Museen“ betrachtet werden müssen und mit entsprechenden Vorgaben versehen werden (können).  

Datenerhebung, Maßnahmen, Regelmäßigkeit

Zentrales Moment der Mindeststands sollten drei Voraussetzungen sein: die Institutionen müssen ihre Umwelteinflüsse erheben (rechnen und messen) und systematisch Maßnahmen zur Reduktion ergreifen. Die Datenerhebung und daraus abgeleitete Maßnahmen müssen fortlaufend und regelmäßig erfolgen.

CO2-Bilanz

Wegen der Dringlichkeit der Klimakrise sollte eine CO2-Bilanz Teil der Bemühungen um ein „grünes Museum“ sein. Zu definieren ist, ob neben Scope 1 und Scope 2 weitere Scopes nach GHG Protocol zu erheben sind. Ziel muss eine Reduktion der Treibhausgase sein.

Energieverbrauch

Ein „grünes Museum“ sollte zertifizierten Ökostrom beziehen, die wesentlichen Verbraucher an Wärme, Kälte und Strom kennen und fortlaufende Maßnahmen ergreifen, diese Verbräuche zu reduzieren. Dazu gehört auch die Beschäftigung mit den vorgegebenen Raumklimawerten.

Beleuchtung

Auch die Beleuchtung ist ein Hotspot, der von einem „grünen Museum“ betrachtet werden muss.

Mobilität

Emissionen aus dem Verkehr von Publikum, Mitarbeiter*innen und Exponaten (Leihtätigkeit) sind zu erheben und zu reduzieren.

Flächen

Welche Maßnahmen unternimmt ein Museum, um seine Flächen gemäß ökologisch-nachhaltiger Prinzipien zu nutzen?

Müll

Welche Maßnahmen ergreift ein Museum zur Reduktion seines Abfallaufkommens? Welche Trennungsmechanismen werden umgesetzt?

Ressourcenverbrauch, Beschaffung, Dienstleister

Ein „grünes Museum“ sollte auch seinen Ressourcenverbrauch, etwa beim Thema Wasser- und Papierverbrauch oder auch im Bereich Ausstellungsarchitektur, in den Blick nehmen. Bei der Beschaffung könnten ebenfalls nachhaltige Kriterien eingeführt werden, wozu das Vergaberecht mittlerweile umfassende Möglichkeiten gibt. Auch die Umwelteinflüsse von Dienstleistern und Lieferanten könnten berücksichtigt werden.

Kompensation

Kompensiert ein „grünes Museum“ seine CO2-Emissionen? Wenn ja – womit? Ergreift das Museum Maßnahmen, den Kompensationsanteil auf dem Weg zu „NetZero“ zu reduzieren? Ist „NetZero“ ein erklärtes Ziel eines „grünen Museums“?

Museumsgastro & Museumsshop

Weitere umweltrelevante Hotspots sind häufig Museumsgastro und Museumsshops, die häufig durch externe Dienstleister betrieben werden. Wie geht ein grünes Museum mit diesen Umwelteinflüssen um?

Umweltbeauftragter

Hat ein „grünes Museum“ einen Umweltbeauftragten bestellt, der Datenerhebung, Dokumentation und die regelmäßige und fortlaufende Umsetzung von Maßnahme kontrolliert und gegebenenfalls mit Entscheidungskompetenzen ausgestattet ist?

Leitbild

Hat ein „grünes Museum“ ein Leitbild, in dem es sich auf das Ziel „ökologischer Nachhaltigkeit“ verpflichtet?